Es ist das häufigste Streitthema zwischen Kindern und Eltern: Ordnung und Sauberkeit. Im letzten Teil der BILD-Serie erklärt Kinderpsychiater Dr. Michael Winterhoff (53), wie Sie Ihrem Kind beibringen, sein Zimmer aufzuräumen. Wichtig: Fangen Sie früh an – ab dem 16. Lebensjahr lassen sich Erziehungsfehler kaum noch korrigieren, weil die Psyche des Kindes ausgereift ist.
„Räum dein Zimmer auf, bevor es Abendessen gibt!“ Ein Satz, den Generationen von Kindern hassen gelernt haben. Viel besser wäre es doch, einfach alles in der Gegend herumliegen zu lassen, man braucht es ja ohnehin am nächsten Tag wieder ...
Nun ist nicht nur nach Meinung von Disziplinfanatikern Ordnung das halbe Leben, sondern für jeden Menschen einigermaßen hilfreich, wenn er im Alltag nicht allzu viel Zeit mit Suchen verschwenden möchte.
Sie können ihrem Siebenjährigen das natürlich so erklären. Dass er aufräumen sollte, weil er dann bestimmte Lieblingsspielsachen schneller wieder zur Hand hat und weil man einfach besser durchs Zimmer durchkommt, wenn es auf dem Boden freie Stellen gibt.
Der Siebenjährige wird in der Regel darauf reagieren, indem er mit ihnen in harte Verhandlungen einsteigt, welche Sachen weggeräumt werden, welche aus ganz bestimmten Gründen genau da liegen bleiben müssen, wo sie aktuell liegen usw.
Dass sich solche Diskussionen lange hinziehen und hochschaukeln können, ohne dass letztlich jemandem damit geholfen ist, müsste eigentlich leicht zu verstehen sein. Und trotzdem spielen sich in immer mehr deutschen Kinderzimmern beim Aufräumen haarsträubende Szenarien ab. WARUM?
Auch so ein banaler Vorgang wie das Aufräumen muss mit Kindern eingeübt werden, es ist ein Lernprozess, der sich über Jahre hinweg erstreckt.
Bei Kindern im Kindergartenalter müssten Erwachsene beim Aufräumen präsent sein. Dem Kind wird gesagt, wo und was es aufräumen soll. Dabei kann es in zunehmendem Maße selbst tätig werden, anfangs werden jedoch die Eltern dem Kind noch dabei helfen, man räumt also zusammen auf.
Das Kind lernt dabei auch durch Nachahmen, es sieht beispielsweise, wie der Vater einen Bauklotz in die Kiste wirft, und imitiert dieses Verhalten, um dem Papa damit ein Geschenk zu machen und seine Freude zu erleben.
Es ist in diesem Moment sehr wichtig, dass diese Freude dem Kind auch gezeigt wird, insbesondere durch ein ausdrückliches Lob, denn damit erlebt das Kind diese positive Emotion auf den Vater bezogen und fühlt, dass es gut ist, beim Aufräumen mitzumachen.
Wenn Kinder solche Erfahrungen machen, werden sie von sich aus selbstständiger. Einem Schulkind brauche ich normalerweise nicht mehr beim Aufräumen zu helfen, trotzdem lasse ich es nicht alleine damit. Ich muss immer wieder nachschauen, ob so aufgeräumt wurde, wie es vorgesehen war und gegebenenfalls muss ich mein Kind noch einmal anweisen, einen fehlenden Rest zu erledigen.
Durch diese Begleitung spürt mein Kind: Sein Aufräumen findet nicht im luftleeren Raum statt, sondern hat durchaus etwas mit den anderen Personen im Haushalt zu tun.
Die Erwartung, dass ein Kind aufräumt, weil es den Sinn des Aufräumens verstandesmäßig erfasst und somit diese Tätigkeit gezielt und alleine verrichtet, kann ich erst im Jugendalter in vollem Maße haben.