Tödliche Stoffwechselvariante: Kein Codein nach Mandeloperation
Die Gabe von Codein nach einer Mandeloperation kann bei kleinen Kindern gefährlich werden. Davor warnen Toxikologen jetzt im Fachblatt "New England Journal of Medicine" (361; 8: 827-8). Hintergrund: In Kanada starb ein gesunder zweijähriger Junge nach einer Routineoperation am vermeintlich harmlosen Schmerzmittel.
Codein ist ein Opiat und wird in der Leber zu Morphin umgebaut. Erst in dieser Form entfaltet es seine Wirkung. Ein körpereigenes Enzym aktiviert den Stoffwechselvorgang in der Leber. Etwa ein Prozent der Menschen kaukasischer Herkunft besitzen das Gen für das Enzym CYP2D6 in doppelter Ausführung. Sie können Codein besonders rasch in Morphin umwandeln. Bei kleinen Kindern führen schon geringe Dosen Morphin zu einer Atemlähmung. Prinzipiell ist die Stoffwechselvariante mit einem Gentest erkennbar. Da solche Tests aber nicht routinemäßig durchgeführt werden, raten die Autoren davon ab, kleinen Kindern nach einer Mandeloperation Codein zu geben.
Der Junge war nach einer komplikationslosen Mandeloperation nach Hause entlassen worden. Der Eingriff wird bei Kindern mit übergroßen Rachen- oder Gaumenmandeln (Tonsillen) jedes Jahr tausendfach durchgeführt und soll Atempausen im Schlaf beheben. Nach der Operation bekommen die kleinen Patienten häufig Codein als Schmerzmittel. Auch die Eltern des Zweijährigen gaben ihrem Kind das Schmerzmittel, wie verordnet in einer auf Alter und Gewicht abgestimmten Dosis. Am zweiten Abend nach der Operation bekam der Junge Husten und Fieber, am darauffolgenden Morgen wurde er leblos aufgefunden. Im Körper des toten Kindes fanden die Ärzte eine Überdosis Morphin. Sein eigener Stoffwechsel hatte ihn vergiftet. (nb)