Kinder sind keine Partner
von Danie » Sonntag 9. August 2009, 17:11
Es ist mittags, 13 Uhr, irgendwo im Deutschland des Jahres 2008. In der dreiköpfigen Familie Schmidt ist soeben das Mittagessen beendet worden, folgende Szene schließt sich an: Die zweijährige Tochter Mia wird von ihrer Mutter gefragt, ob sie denn heute gerne einen Mittagsschlaf halten möchte oder lieber doch nicht.
Mia überlegt hin und her, ihre Eltern warten geduldig auf die Entscheidung ihrer Tochter, denn manchmal hat Mia auch einfach keine Lust auf Mittagsschlaf. Doch heute befindet sie, sie sei müde und wolle durchaus schlafen. Es müsse aber selbstverständlich das übliche Einschlafritual ablaufen.
Und das sieht so aus: Mia legt sich in die Mitte, rechts und links davon liegen Vater und Mutter. Nun darf Mia beide so lange an der Nase festhalten, bis sie irgendwann eingeschlafen ist. Sie glauben nicht, dass sich solche Szenen wirklich abspielen? Dass sich Eltern von ihren Kindern im wahrsten Sinne des Wortes an der Nase herumführen lassen, ohne dass ihnen auffällt, dass dieser Zustand möglicherweise nicht in Ordnung ist?
Nun, Kinder tun genau das, und die Eltern spielen mit. Jeden Tag, in immer mehr Familien.
Die drei häufigsten Fehler, mit denen Eltern aus ihren Kindern Tyrannen machen:
Partnerschaft
Der Erwachsene sieht Kinder auf gleicher Ebene und unterliegt der Vorstellung, man könne bereits kleine Kinder über Erklären und Verstehen erziehen. Dahinter steht ein Freundschaftskonzept und ein starker Wunsch nach Harmonie.
Eltern, die so handeln, wollen um jeden Preis im Einklang mit ihren Kindern leben, setzen auf allzeit gutes Verständnis und das Verschwinden innerfamiliärer Hierarchien. Daraus resultierende endlose Diskussionen nehmen den Kindern jegliche Sicherheit im Umgang mit Erwachsenen.
Das Kind soll als gleichberechtigter Partner für seine Eltern fungieren und wird dadurch häufig zusätzlich mit Themen und Verhaltensweisen überfordert, für die es definitiv zu jung ist.
Projektion
Der Erwachsene gerät in Abhängigkeit vom Kind, weil er die positiven Bezüge zu seiner Umwelt weitestgehend verloren hat.
Er fühlt sich häufig von der technischen Entwicklung, von sozialen Einflüssen oder von der schieren Informationsflut überfordert und sucht deshalb verstärkt nach Anerkennung und Liebe. Das Kind bietet sich hier als ideale Kompensation an.
Dieser Prozess findet natürlich unbewusst statt, nichtsdestotrotz handelt es sich um einen emotionalen Missbrauch des Kindes. Der Wunsch nach Liebe und Anerkennung wird nämlich nun in das Kind hineinprojiziert. Folglich wird das Kind verantwortlich, dem Erwachsenen zu geben, was jener entbehrt. Der Erwachsene seinerseits möchte vom Kind geliebt werden.
Das hat, um es noch einmal ausdrücklich zu sagen, nichts damit zu tun, dass sich jeder Vater, jede Mutter freut, wenn er oder sie Liebe und Zuneigung vom Kind erfährt. Diese Erfahrung ist normalerweise an keinerlei Bedingungen geknüpft, sie wird immer wieder durch Zufall gemacht.
Die Beziehungsstörung der Projektion dagegen bedeutet, dass Erwachsene auf diese Liebe und Zuneigung angewiesen sind und damit dem Kind keine Struktur mehr vorgeben können. Es herrscht die latente Angst, das Kind könne diese Vorgabe als restriktiv empfinden und dann dem Erwachsenen die Zuneigung verweigern.
Die Folge ist eine Machtumkehr: Das Kind verbleibt in der frühkindlichen Fantasie, über dem Erwachsenen zu stehen und ihn steuern zu können.
Symbiose
In der Symbiose verschmilzt die Psyche eines Elternteiles mit der des Kindes.
Hintergrund dafür ist eine scheinbar nicht zukunftsweisende Gesellschaft. Die beim Elternteil fehlenden Anteile wie Glücklich- oder Zufriedensein werden unbewusst aus der Psyche des Kindes entnommen und in die eigene Psyche integriert.
Aus diesem Grund ist dann das Glück des Kindes plötzlich das des Elternteiles. Dieser fühlt für das Kind, er denkt für das Kind und geht beispielsweise auch für das Kind in die Schule.
Diese Eltern nehmen vieles im Hinblick auf das kindliche Verhalten gar nicht mehr wahr. Sie sind blind für eigentlich offensichtliches Fehlverhalten, es stört sie überhaupt nicht.
Mich zu hassen, macht dich auch nicht schöner...